Digitales Expertentreffen zur NS-„Euthanasie“ in Kloster Irsee
Auf Einladung des Bildungswerks des Bayerischen Bezirketags fand Ende April die Frühjahrstagung des Arbeitskreises zur Erforschung der nationalsozialistischen „Euthanasie“ und Zwangssterilisation statt. Da eine Präsenzveranstaltung Corona-bedingt nicht möglich war, organisierte das Bildungswerk Irsee eine rein digitale Tagung, an der über 60 Fachleute aus dem gesamten Bundesgebiet und Österreich teilnahmen.
„Nur wer die Geschichte kennt, ist davor gefeit, sie zu wiederholen“, begrüßte Schwabens Bezirkstagsvizepräsidentin Barbara Holzmann die zugeschalteten Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Und so wurden mit Blick auf die beiden bevorstehenden Jubiläen 175 Jahre Psychiatrie in Schwaben (2024) und 150 Jahre Bezirkskrankenhaus (BKH) Kaufbeuren (2026) die aktuellen Gedenkkonzepte für die Einrichtungen in Irsee und Kaufbeuren vom Leiter des Schwäbischen Bildungszentrums, Dr. Stefan Raueiser, und dem leitenden ärztlichen Direktor des BKH Kaufbeuren, Dr. Albert Putzhammer, vorgestellt und intensiv diskutiert. „Aus der Psychiatrie-Geschichte von Kloster Irsee lernen wir auch heute noch für unsere derzeitige Arbeit in der psychiatrischen Gesundheitsversorgung in Schwaben wie in allen sieben bayerischen Bezirken“, lautete das Fazit von Barbara Holzmann, die zugleich Vizepräsidentin des Bayerischen Bezirketags ist.
Vor zehn Jahren tagte der Arbeitskreis zur Erforschung der nationalsozialistischen „Euthanasie“ erstmals in Kloster Irsee. Die dort 2011 verabschiedete Stellungnahme zur Präimplantations-Diagnostik verweist auf die bis heute nachwirkende Geschichte von Eugenik und „Euthanasie“. Und auch diesmal bestimmte ein Aspekt der zeitgenössischen Medizinethik die Tagungsthematik: Das langjährige Mitglied des nationalen Ethikrats, Dr. Michael Wunder aus Hamburg, skizzierte die aktuell im Bundestag geführte Debatte um die Suizidassistenz und fragte das durch ein Bundesverfassungsgerichts-Urteil beförderte Verständnis des Suizids als Ausdruck menschlicher Freiheit an. Eine Stellungnahme des Arbeitskreises zu dieser gesellschaftlich ebenso wichtigen wie brisanten Fragestellung soll folgen.
Diskutiert wurden auch neue Forschungen zu Angehörigen-Reaktionen auf die Patiententötungen in Kaufbeuren-Irsee und in der Kinderfachabteilung Eichberg, zu den Gasmord-Aktionen im ehemaligen „Warthegau“, über Patientenfriedhöfe in der niederösterreichischen Heil- und Pflegeanstalt Mauer-Öhlings und zur sexuellen Ausbeutung in NS-Zwangsarbeiterlagern in Berlin-Tempelhof.
Die nächste Tagung des Arbeitskreises findet in der Gedenkstätte Brandenburg an der Havel statt.
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- [PDF] Arbeitskreis zur Erforschung der nationalsozialistischen "Euthanasie" und Zwangssterilisation