Sound Art. Klang als Medium der Kunst

Eine Ausstellung im ZKM | Medienmuseum Karlsruhe

Pressemeldung der Firma ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe

Die aktuelle Klangkunst ist vielfältig: Das unterschiedliche Zusammenspiel von Klang, Raum, Zeit, Bewegung und Form spiegelt sich in Klangskulpturen, Klanginstallationen oder Musikperformances wider. Es sind die perzeptive Vernetzung von Sehen und Hören, die Artikulation von Stille und Raum, die Skulpturalität des Klangs und Auflösung des Konzertsaals, die die Klangkunst zu einer eigenständigen Kunstform innerhalb der bildenden Kunst und der Musik machen. Erstmals wird die Ausstellung „Sound Art. Klang als Medium der Kunst“ im ZKM | Medienmuseum sowie im öffentlichen Raum einen Überblick über den aktuellen Stand der Klangkunst im 21. Jahrhundert präsentieren. Das ZKM wird für die Dauer der Ausstellung zum Nabel der Klangkunst.

Von Futurismus über Fluxus bis hin zu Twitter-Sonifikationen zeichnet das ZKM anhand besonderer Beispiele die Geschichte der Klangkunst im 20. Jahrhundert nach. Der Fokus liegt jedoch auf zeitgenössischen Praktiken: Mit Werken von 90 KlangkünstlerInnen, von denen rund 30 Neuproduktionen der letzten Jahre vorstellen werden, gewinnen die BesucherInnen einen Einblick in den ungewöhnlichen Klangkosmos zeitgenössischer Kunst. Eine eigene Ausstellungsarchitektur wird die Klangwelt visualisieren, die BesucherInnen der Ausstellung werden selbst zu KlangerzeugerInnen.

In zahlreichen Ausstellungen dominiert die Seherfahrung. „Sound Art. Klang als Medium der Kunst“ bringt die Hörerfahrung in den Vordergrund und verändert das visuelle Erleben. Dadurch bietet sich den BesucherInnen die Möglichkeit einen vollkommen neuen Klangkosmos kennenzulernen, den bisher weder Radio und Film, noch die Musikindustrie in dieser Breite etablieren konnten.

„Das Medienmuseum wird zu einem Klangraum wirklich unerhörter Klänge, zu einem ‚Palast der Töne‘. Eine einmalige Gelegenheit sich vom zeitgenössischen Klangschaffen berauschen und beleben zu lassen.“ (Peter Weibel)

Die moderne Kunst begann mit einem bis dahin unbekannten Ton: dem Geräusch. Der futuristische Maler und Komponist Luigi Russolo veröffentlichte 1913 das Manifest „L’arte dei rumori“ und erklärte die Geräusche der Stadt zur Kunst. Edgar Varèse hat daraus die Konsequenz gezogen und definierte in den 1930er Jahren Musik als „organisierten Ton“. In den 1950er- und 1960er-Jahren haben die VertreterInnen der musique concrète und die KünstlerInnen der Happening- und Fluxus-Bewegung (von Yoko Ono bis La Monte Young) den performativen Aspekt der Musik soweit ausgedehnt, dass an die Stelle von Komposition Zufall, an die Stelle von Musik Schweigen (John Cage, „Silence“, 1961), an die Stelle des Orchesters das Meer und an die Stelle der MusikerInnen ein Pferd treten konnten. In den 1970er- und 1980er-Jahren beeinflusste der Industrial Noise sogar die Popmusik (Sonic Youth, The Art of Noise, Throbbing Gristle, etc.), ebenso die Punkmusik.

Zugleich wurden Lautsprecher zu Bausteinen monumentaler Skulpturen (Benoit Maubrey), Licht und Sound wurden zu begehbaren immateriellen Environments verdichtet (La Monte Young / Marian Zazeela), unhörbare Realitäten in einer Synthese der Künste hörbar gemacht (Christina Kubisch) und das Hören durch psychoakustische Experimente neu vermessen (Alvin Lucier). Sonifkationen von Information und medialer Kommunikation, Klangenvironments sowie telematische oder mediale Konstellationen prägen das heutige vielfältige Schaffen. Dabei nehmen politische Fragestellungen in der Klangkunst, die zu einer Hinterfragung von Klang und Hören führen, einen wichtigen Stellenwert ein.

Durch die Fusion von Pop und Kunst haben auch immer mehr bildende KünstlerInnen die Schallplatte selbst als Medium visueller Praktiken entdeckt, von Milan Knížák bis Christian Marclay, der 2011 den Goldenen Löwen der Biennale von Venedig gewann. Sogar Schallplattencovers, nicht nur Vinylplatten, wurden kunstfähig. KünstlerInnen und KomponistInnen eroberten seit den 1960er-Jahren auch das Hörspiel als Kunstmedium. Vor allem Medien- und Konzept-KünstlerInnen haben die Klangkunst weiterentwickelt und ihr seit Mitte der 1960er-Jahre ein neues Fundament gegeben. Mit dem Auftauchen des Synthesizers und des Computers wurde die Ära des Technosounds eingeleitet, die einen ganz neuen Hörraum eröffnete, der von der Ambient Music bis zu telematischen Installationen reicht.

Die Ausstellung „Sound Art. Klang als Medium der Kunst“ macht neue Klangerfahrungen nicht nur im Museum erlebbar: Mit drei Installationen auf dem Vorplatz des ZKM und fünf Installationen im öffentlichen Raum der Stadt Karlsruhe können PassantInnen auf Klänge stoßen. Zudem bereichert ein ausgewähltes Konzertprogramm mit performativ herausragenden Projekten die Ausstellung: Marianna Amacher, La Monte Young / Marian Zazeela, Iannis Xenakis, John Cage und Ryoji Ikeda stehen stellvertretend für das breite Spektrum dieses Programms. Der Reichtum der Klänge in der Ausstellung wird auch durch den Reichtum der Archive ermöglicht, die dem Publikum zum ersten Mal in diesem Umfang in Karlsruhe vorgestellt und zugänglich gemacht werden. Dazu gehören unter anderem die „ungehörte Avantgarde“ aus Skandinavien, das Broken Music Archiv aus Berlin, das seit 2011 am ZKM verortete Apollohuis Archiv und kuratierte Hörstationen aus europäischen Archivbeständen.

„Das Gehirn ist das eigentliche Zentrum der Musik. Musik ist ein emotionales und mentales Erlebnis, welches durch keine andere Kunstgattung an Tiefe erreicht wird. Spiritualität wie auch Sinnesrausch bilden daher die Pole der Klangwelt. Unter dem Stichwort „Trunkenheit der Ohren“ ermöglicht die Ausstellung eine neue Hörerfahrung, die im Alltag nur schwer zu finden ist – eine Orgie der Ohren.“ (Peter Weibel)

Kurator: Peter Weibel

Ko-Kuratorin, Projektleitung: Julia Gerlach

Zur Ausstellung wird ein Katalog erscheinen.

In Verbindung mit der Ausstellung weisen wir auf ein Konzert des Begleitprogramms besonders hin: am 07. April 2012 werden La Monte Young, Marian Zazeela und The Just Alap Raga Ensemble in Marian Zazeelas Lichtinstallation Dream Light im ZKM_Subraum live auftreten. (Das Konzert ist Teil einer Konzerttournee des Projektes von Berlin über Karlsruhe nach Polling und wird von der Kulturstiftung des Bundes gefördert.)

Teilnehmende KünstlerInnen (u.a.):

Peter Ablinger, Tyler Adams, Maryanne Amacher, Cory Arcangel, Serge Baghdassarians/Boris Baltschun, Bernhard & Francois Baschet, Joachim Baur, Harry Bertoia, Joseph Beuys, Jens Brand, Ludger Brümmer/Götz Dipper, John Cage, Janet Cardiff/Georges Bures Miller, Stephen Cornford, Chris Cunningham, Paul DeMarinis, Matthias Deumlich, Götz Dipper, Max Eastley, Ulrich Eller, Walter Giers, Shilpa Gupta, Hanna Hartman, Douglas Henderson, Gary Hill, Anna Jermolaewa, Sergi Jordà/Marcos Alonso/Martin Kaltenbrunner/Günter Geiger, Rolf Julius, Timo Kahlen, Josef Klammer, Georg Klein, Alison Knowles, Christina Kubisch, Kalle Laar, Bernhard Leitner, Alvin Lucier, Kaffe Matthews, Christian Marclay, Benoit Maubrey, Soichiro Mihara/Kazuki Saita, Robin Minard, Haroon Mirza, Mongrel, Gordon Monohan, Bruce Nauman, Anselm Venezian Nehls/Tarik Barri, Max Neuhaus, Carsten Nicolai, Nam June Paik, Roberto Pugliese, Eliane Radigue, Kirsten Reese, Werner Reiterer, Steve Roden, Dawn Scarfe, Scenocosme, Sarkis, Michael Saup, Dieter Schnebel, Cornelia Sollfrank, Joulia Strauss, Akio Suzuki, Takis, Günther Uecker, Julijonas Urbonas, Edwin van der Heide, Stephan von Huene, Peter Vogel, Carl Michael von Hausswolff/Friedrich Jürgenson, Bram Vreven, Peter Weibel, Jean Weinfeld, John Wynne/Tim Wainwright, Iannis Xenakis, La Monte Young/Marian Zazeela, Ryoji Ikeda, Max Neuhaus, Daphne Oram



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Dateianlagen:
    • „stop.“, Douglas Henderson, 2007
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